Wir können ein Kind als einzigartiges, offenes menschliches System
betrachten, das zu einem bestimmten Zeitpunkt Persönliche
Strukturen aufweist, wie z.B. Charaktereigenschaften, Bedürfnisse
und Fähigkeiten (Aspekte der Volition, Habituation und des Performanzvermögens).
Bei diesen persönlichen Strukturen handelt es sich um einen aktuellen
Organisationszustand, welcher durch Prozesse und Tätigkeiten
sowie dadurch gewonnene Erfahrungen des Systems hervorgebracht, aufrechterhalten
und umgewandelt wird.
Gleichzeitig laufen innerhalb des kindlichen Systems auch Dynamische
Prozesse im Zusammenhang mit dem Tun, Denken und Fühlen
ab (z. B. Gedanken, Entscheidungen, Handlungen). Dynamische Prozesse
finden zwischen Bewusstsein, Gehirn und Körper stattfinden.
Das MOHO geht davon aus, dass Bewusstsein und Körper- Hirn
sich gleichzeitig gegenseitig beeinflussen und sich parallel entwickeln
und sich im Laufe der Zeit verändern. Die dynamischen Prozesse
sind abhängig von den Umweltbedingungen, stehen aber auch gleichzeitig
in Wechselwirkung mit den vorhandenen Strukturen.
Die Gegebenheiten der Umwelt sind als weiterer
wesentlicher Aspekt zu betrachten.
Als Ergebnis eines positiven Performanzprozesses entstehen also neue
angepasste Verhaltensweisen, die zu Fertigkeiten, zur Betätigungsperformanz
und zur Betätigungspartizipation führen, d. h. zur Teilnahme
an Arbeit, Spiel oder Aktivitäten des täglichen Lebens.
Dysfunktionen
Funktionen und auch Funktionsprobleme eines Kindes gehen immer aus
vielfältigen Interaktionsfaktoren und der von ihnen ausgehenden
Dynamik hervor. Ob eine Dysfunktion besteht, hängt nicht nur
vom Zustand persönlicher innerer Komponenten ab, sondern auch
von der Beziehung zwischen den inneren Zuständen eines Kindes
und der äußeren Umwelt. Dazu liefert das MOHO einen klaren
Rahmen:
• Menschen bestehen aus flexiblen Elementen, deren Wechselwirkung
miteinander und mit der Umwelt situationsabhängig ist,
• Denken, Fühlen und Tun entsteht durch dynamische Wechselwirkungen
zwischen inneren Elementen und Umwelteinflüssen,
• Dysfunktion ist das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen inneren
und äußeren Bedingungen einer Person und
• Funktion kann verbessert werden durch Behebung eines fehlerhaften
Elements, Kompensation durch ein anderes Element und/oder Veränderung
der Umwelt
Wenn ein Kind z. B. die Erfahrung macht, dass motorische Bewegungen ihm
Probleme bereiten, wirkt sich dies auf seine Willensvorstellungen und
seine Motivation aus. Sein Bewusstsein über das eigene Unvermögen
und mangelnde Kontrollvermögen führt dazu, dass es Misserfolge
erwartet. Die entsprechenden Aktivitäten bereiten ihm kein Vergnügen
mehr. Entweder misst das Kind der Aktivität gesellschaftlichen Wert
bei, dann fühlt es sich selbst minderwertig. Oder es wertet zu schwierige
Aktivitäten ab, dann weichen seine Wertvorstellungen von denen der
Altersgenossen ab. Häufig treffen Kinder dann die Entscheidung, sensomotorische
Aktivitäten zu vermeiden, bei denen sie eigentlich die für ihre
Entwicklung notwendigen Erfahrungen sammeln könnten. Eine Dysfunktion
entsteht durch das Zusammenwirken der motorischen Schwierigkeiten des
Kindes mit den Umweltanforderungen und seinem subjektiven Empfinden, welches
auch von der Volitionsstruktur abhängt. Dysfunktionen, die in einem
Bereich bestehen, können sich auf alle anderen Ebenen auswirken.
Ein negativer Blick auf die eigenen Fertigkeiten kann genauso einschränkend
wirken wie eine persönliche Behinderung. Auch Werte, wie z. B. Effektivität
und Leistung, die im Konflikt stehen mit dem, was ein Kind leisten kann,
können zur Selbstabwertung und daraus resultierenden Problemen führen.
Die dynamischen Prozesse sind eine wichtige Informationsquelle für
Therapeuten, da sie die zentralen Mechanismen von Veränderungen sind.
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